Archiv für den Autor: jan henselder

NOVEMBERTAGE

D/CH/GB 1989/1990, R: Marcel Ophüls, K: Pierre Boffety, 140′ 
Protagonisten: Susi Fischer, Karin Radunski, Herbert Radunski, Werner Schäfer, Mario Kählke, Birgit Möller, Steffi Rühmann, Klaus Dieter Kubat, Margaret Thatcher, Neil Kinnock, Anne Blaurock, Egon Krenz, Familie Felgner, Hans Golle, Lieselotte Golle, Günter Schabowski, Manfred Ludwig, Thomas Montag, Stephan Hermlin, Heiner Müller, Uwe Hollmer, Herr Plath, Bernd Kleneberg, Klaus Schröter, Markus Wolf, Werner Fischer, Barbara Brecht-Schall, Michael Kühnen, Martin Opolka, Curt Jung, Walter Momper, Kurt Masur, Bärbel Bohley

am Samstag den 5.9.2015 um 21.00 in der Akademie der Künste am Hanseatenweg

Ein Jahr nach dem Mauerfall begibt sich Marcel Ophüls voller Neugier nach Deutschland, um mit den Leuten zu sprechen, die er in Filmaufnahmen zum Mauerfall gesehen und nach langer Recherche identifiziert hat. Ophüls spricht auch mit Politikern, Schriftstellern und anderweitig politisch Aktiven und hält ihre Wahrnehmung der Ereignisse ebenso auf Film fest wie die des normalen Bürgers. Mit einer gesunden Portion Witz und Ironie gelingt es dem Filmemacher zudem, bestechend ehrliche Antworten aus allen Schichten zu bekommen und den Film so zu einer Collage persönlicher Ansichten zur jüngeren deutschen Geschichte zu machen.

Seine viel bewunderte Methode, zu der immer auch gehört, dass er sich wortwörtlich selbst mit ins Spiel bringt, bezeichnete Marcel Ophüls einmal als „investigativen Sarkasmus“. November Days, gedreht für die BBC London, ist ein eigenwilliger Stimmungsbericht über den Mauerfall in Berlin und die Monate danach. Es ist ein Film, der durch die Gegenwart und Vergangenheit navigiert, indem er ein Kaleidoskop aus Gesprächen mit Zeitgenossen, Nachrichtenbildern und Szenen von der Straße erzeugt, und diese mit Ausschnitten aus Filmen wie Der blaue Engel, Stagecoach und Cabaret mischt. So wird November Days zu einem Film, der sich aus vielschichtigen Erzählungen und Bildern zusammensetzt und auf dem komplexen Zusammenhang von Politik und Alltag besteht.

„Der Blick eines Dokumentarfilmers muss sowohl die Stimmung der Menschen, als auch die eigene Überzeugung berücksichtigen. […] Ich glaube weiterhin, dass der 9. November ein Freiheitsfest war. Außerdem bin ich kein Marxist, und deshalb hat für mich das Konzept von persönlicher Freiheit nicht unbedingt etwas mit Ökonomie zu tun. Dass schwere Zeiten auf Ostdeutschland zukommen und die Menschen Angst vor der Arbeitslosigkeit haben, ist ja auch spürbar in dem Film. In gewisser Weise ist er schon eine Komödie. Aber eine schwarze.” 

Marcel Ophüls

 

POSSESSION

Als Mark von einer langen Geschäftsreise nach Berlin zurückkehrt ist seine Ehe ein Scherbenhaufen. Bereits bei seiner Ankunft ist Anna zurückweisend, seinen Fragen nach dem Grund für ihr Verhalten weicht sie aus. Gekränkt und rasend vor Eifersucht drängt er darauf, von ihr zu erfahren, warum sie sich so verändert hat. Anna gibt schließlich nach und erzählt ihm von einer Affäre ‚mit einem anderen Mann’, wie sie es nennt. Als er einen Liebesbrief von einem Mann namens Heinrich findet, glaubt Mark, den vermeintlichen Rivalen ausfindig gemacht zu haben. Allerdings lässt dieser ihn wissen, dass sich Anna mittlerweile auch ihm gegenüber sehr seltsam verhält. Offensichtlich gibt es da noch einen dritten Mann in ihrem Leben. Um der Sache nachzugehen, beauftragt Mark einen Detektiv, der ihr in ein heruntergekommenes Wohnhaus folgt. Was er dort vorfindet, ist monströs… und es lebt!

Andrzej Żuławskis filmische Tour-de-force lässt sich kaum in Worte fassen: Isabelle Adjani (DER MIETER, DAS AUGE), die ekstatisch und wie besessen bis zur völligen körperlichen Erschöpfung spielt; ein junger Sam Neill (DAS PIANO, JURASSIC PARK), der mit einer der besten Leistungen seiner Karriere überzeugt; Bruno Nuytten, dessen entfesselte, rastlose Kamera die fiebrige Geschichte hautnah einfängt; Special Creature Effects von Oscargewinner Carlo Rambaldi (ALIEN, E.T., DUNE); das geteilte Berlin als perfektes Setting für Annas und Marks emotionalen Ausnahmezustand – all das ergibt einen Film, der sämtliche Kategorien sprengt: Filmkunst, Ehedrama, Paranoiathriller, Horrorfilm, Monstermovie – von allem etwas, und doch viel mehr. Man kann ihn nicht beschreiben. Man muss ihn erleben!

Possession erscheint demnächst auf Blu-ray! Das HD-Master sieht echt toll aus, einen Blick darauf könnt Ihr schon mal im Trailer werfen.

http://www.bildstoerung.tv/blog/filme/possession/

GOLO GOTT AUF DER NOTORISCHEN MAUERPARTY, 1986


von Knut Hofmeister, BRD 1986, 13 min.

Zum 25. Jubiläum der Berliner Mauer veranstalteten die NOTORISCHEN REFLEXE eine Party an der Mauer hinter dem Bethanien in Kreuzberg.

„Am Nachmittag des 12. August 1981 bereiteten wir, die Künstlergruppe U.V.A. eine Party zum 20. jährigen Jubiläum der Berliner Mauer vor. Strom gab uns Irene Mössinger, die am Potsdamer Platz gerade ihr Tempodrom-Zelt in den Matsch gesetzt hatte. Wir weissten die Mauer mit teurem Alpina-Weiss, bauten unsere Projektoren auf, und dann kamen die Briten. „Ob das denn verboten wäre, die Mauer anzumalen“, fragten wir die Militärpolizei. „It’s not our wall. We didn’t built it.“ Mit diesen Worten verabschiedeten sich die Soldaten. Wir zeigten unsere Filme und drehten die Musik lauter, Leute kamen hinzu, und wir kriegten tatsächlich so etwas wie eine „Mauerparty“ hin. 1986 zum 25. Jubiläum der Mauer haben wir das nochmal am Bethanien veranstaltet. Das war dann etwas professioneller vorbereitet und wir haben nicht mehr auf die Mauer, sondern Dank „Vorsprung durch Technik“ über den Todesstreifen hinweg auf eine Hauswand im Osten projiziert.“ Quelle: Knut Hoffmeister, Himself

DECLASSIFIED: THE MUTOID WASTE FILES


D 1989/2015, 90′. Regie: Uli Happe, Schnitt: Uli Happe & Bernd Böhlendorf,
Musik:  7 Kevins, World Domination, Spiral Tribe, 2000 DS, DNTT

„Declassified“ (Deutsch: Freigegeben) handelt von der inzwischen legendären englischen Künstlergruppe „Mutoid Waste Company“. Die Performance-Gruppe hatte in den 80er Jahren auf der Insel die ersten Rave-Parties initiiert und wurde unter anderem von der Punk-Bewegung, „Mad Max“-Filmen und Judge Dredd-Comics inspiriert. Die Künstler bauten alte Autos zu Endzeit-Vehikeln und Skulpturen um, und führten diese dann mit Feuerschluckern, weiteren Künstlern und Musikern auf Festivals und bei Happenings vor.

Nach wiederholtem Ärger mit den Behörden verließ die Gruppe Großbritannien in Richtung Europa und kam 1989 schließlich nach West-Berlin. Auch dort fanden zahlreiche Performances statt, und auch dort gab es Ärger mit den Behörden, nämlich mit denen der DDR. Die Installation „Käfer Man“, die sich auf den Gleisen vor der Mauer auf DDR-Gebiet befand, wurde nachts von den Grenztposten wieder auf die Westseite geschoben die Schienen demontiert, um eine Rückkehr zu verhindern.

Mit: Joe Rush, Robin Cooke, Lucy Wisdom, Jay Losasso, Giles Walker, Wreckage (Alex), Charlie Davey, Strapper  TNT Tom (Thomas), Kolja Kugler, Emma Herbert, Sally Miranda, C.C Gambeex, Stephan Duve, Maxine Venton, Sil Scholtens, Shona Logan, Little Freddie, Big Freddie, Steve (DT Steave), Anne Marie G,. Reinoud, Sue Steele, Rainer Warzecha, Logo, Eddie Egal, Büro für ungewöhnliche Maßnahmen, Jutta Bock, Trecker Becker, Deb Wright, Olli Wisdom, Sergio Omnidrive.

Siehe auch: RP-Online
Kontakt: ulihappe@hotmail.com
Facebook: https://www.facebook.com/Mutoid-Waste-Documentary-212942195410255/

DIE MAUER – DER VERTIKALE HORIZONT

pape25 Jahre lang zog Rotraut Pape immer wieder mit der Kamera los: Zu Fuß von Kreuzberg bis hinter den Reichstag, entlang der Mauer, entlang der Narbe, die sie quer durch die Berliner Innenstadt und quer durch ihr halbes Leben gezogen hatten – 15 kontinuierlich bewegte, parallel montierte Blickwinkel dokumentieren objektiv eine subjektive Archäologie der deutsch-deutschen Wiedervereinigung.

​25 Jahre | 15 Videowalks Splitscreen | 15 Soundscapes Mixdown | 1989 – 2014
7 Kilometer | 131 Minuten | 5 Tage Loop | Frankfurt Hbf | Expanded Senses | B3
Premiere
7. Oktober 2015, 11 Uhr
Öffnungszeiten
7. – 11. Oktober 2015​
​Haupthalle des Frankfurter Hauptbahnhofs

Quelle: HFG Offenbach

NIEMAND IST MEHR DORT, WO ER ANFING

Niemand ist mehr dort, wo er anfing, DE 1989, 6 min.Niemand ist mehr dort, wo er anfing, Marcel Odenbach, DE 1989, 6 min.

Auch der Künstler Marcel Odenbach beschäftigt sich in einer seiner Arbeit mit dem Namen „Niemand ist mehr dort wo er anfing (1989/1990)“ mit den politischen Umständen rund um die Nikolaikirche.

Marcel Odenbachs erste Aufnahmen zu den Montagsdemos entstanden per Zufall, da er in dieser politisch ereignisreichen Zeit in Leipzig weilte, um beim Aufbau der Ausstellung „Zeitzeichen-Stationen Bildender Kunst in NRW“ zu helfen.

Aus dem gesammelten Videomaterial entstand die erste Arbeit, die sich mit der Wiedervereinigung auseinandersetzt, eine Videoskulptur in der sich ineinander greifende mediale Ebenen mit der Sichtweise des Realen aus eigenen Erfahrungen mischen. Das verbindende Element dieser verschiedenen Ebenen ist das Feuer, ob als FDJ Fackeln oder als Kerzenschein vor der Nikolaikirche, welches wie ein roter Faden durch die Arbeit führt.

 Quelle: https://www.hgb-leipzig.de/kunstorte/nk_odenbach_inst.html

Noch bis zum 20.9. zu sehen auf der abc Berlin – Proximities and Desires

ENGELBECKEN

Ein Film von Gamma Bak und Steffen Reck             
DE 2014, 80 Minuten, OMEU


03. bis 09.09.2015 – 19.30 Uhr im Kino in der Brotfabrik

Engelbecken, das ist ein realer Ort zwischen Berlin-Mitte und Berlin-Kreuzberg, und eine Metapher: für die tödliche Landschaft der Mauer. Im Westen drückte sie dort die Passanten auf einem knapp zwei Meter schmalen Bürgersteig zusammen, im Osten überragten Ruinen den Todesstreifen, der sich durch die Stadt furchte. Und das Wort Engelbecken lässt sich teilen, in Ecken, die stoßen, Enge, die bedrückt, oder auch Engel, die man liebt: in ordnende Zwischentitel. 
Der Essayfilm führt in die 1980er-Jahre, in den Vorabend des Mauerfalls und in die oppositionelle Subkultur in Ost-Berlin, Prenzlauer Berg. Er verzichtet auf viele Elemente des klassischen Dokumentarfilms, vermittelt stattdessen die Ratlosigkeit, Ohnmacht, Beengung, Bedrohung, auch die Paranoia dieser Jahre. Es ist eine Zeit, in der die Regisseure Gamma Bak (Berlin-West) und Steffen Reck (Berlin-Ost) eine Beziehung – trotz der Mauer – zu leben versuchten. Gehen oder Bleiben?
Die Geschichte einer Flucht aus der DDR im Jahr 1988: Steffen Reck, Gründungsmitglied von „Zinnober“, der ersten und wohl auch einzigen freien Theatergruppe „der Republik“, erinnert sich hier an sein Gastspiel ohne Rückkehr. Der Film spiegelt den immer stärkeren äußeren und auch inneren Druck, der zur Entscheidung führt, zum Exil. 
Gamma Bak erinnert sich an ihr damaliges Leben im 26-Stundentag: Sie konnte jeweils von 0 Uhr des einen bis 2 h morgens des folgenden Tages bei ihrem Geliebten bleiben – und versuchen, ihm in der Bedrängnis beizustehen. Absurd dazu die Dokumente von Zollerklärungen – 1 Paar Feinstrumpfhosen, 1 Flasche Sekt – und die Spitzelberichte der Grenzpolizei.
Engelbecken lässt Reflexionen über Schuld und Verrat entstehen, erzählt mit persönlichen Dokumenten von damals: Super-8, Fotos, Film- und Theaterausschnitte, unter anderem aus der legendären Inszenierung „traum haft“, Nur-Ton-Interviews. Dazu Archivmaterialien der Stasibehörde, über Steffen Reck und die „Westbürgerin“ Gamma Bak, und auch und gerade über die Aktivitäten des immer wieder halbillegalen Zinnober-Kollektivs.
So wie es Zinnober in „traum haft“ gelang, kollektiv die Situation des Einzelnen poetisch zu lokalisieren und den in der DDR erlebten Abgrund zwischen Individuum und Gesellschaft im Drama zu artikulieren, gelingt es den beiden Regisseuren hier, aus Realitätssplittern die Atmosphäre Ost-Berlins vor der Wende zusammen zu fügen.

Ein radikal subjektiver und deshalb stimmiger Beitrag zum 25. Jubiläumsjahr des Mauerfalls.

Axel Besteher

weitere Informationen unter: http://www.engelbecken.net/index.htm

STRICHE ZIEHEN

ein Film von Gerd Kroske
DE 2014, 96 Minuten, DF, z.T. deutsche UT

Eine weißer Strich über die bunte Mauerseite in West- Berlin. Eine Kunstaktion, die 1986 mit einer folgenschweren Verhaftung enden sollte. Die Vorgeschichte spielt in der Weimarer Punkszene der 1980er Jahre, wo kleine anarchische Freiräume gegen den staatlichen Normalismus verteidigt wurden: Macht aus dem Staat Gurkensalat! Mehr als dreißig Jahre später zeigt sich: es gab eine undichte Stelle. Ein Verrat steht plötzlich im Raum. Die Folgen ziehen ihren perfiden Strich bis ins Heute. Freundschaften zerbrechen im Nachhinein. Der Film erzählt von der Spannung zwischen Subkultur und Diktatur. Es ist kein Strich unter die DDR zu ziehen.

http://www.striche-ziehen.de