MAKING OF HAMMER & SICHEL

von Walter Gramming

Der Film H&S entstand vom November bis Februar 1978’79. Während einer Italienreise im Sommer zuvor begegnete mir das Symbol Hammer und Sichel zwar im politischen Kontext jedoch subjektiv als die Mahnung aktiv zu handeln. (Ich machte dort Interviews mit freien Radiogruppen) In einem Traum wurde ich aufgefordert, meine vor mir auf einem Teller liegenden Hände zu verspeisen. Daraus wurde ein ambivalentes Gebot: Handeln oder Versagen. Im sehr politischen Bologna begegnete mir das Wort CIAO als Graffiti mit den Buchstaben in Form linker politischer Symbole. Tschau! Absage an die Ideologien und Ismen der 70er Jahre. Im Berlin des kalten Krieges begannen spontane Aktionen im Zusammenhang mit der Mauer. Man entdeckte sie als blanke Fläche für alle Arten von Projektionen, noch lange bevor sie zum Malgrund wurde. In der Filmklasse Helmut Middendorf an der HdK nahmen wir eine Super8 Kamera in die Hand und in einem kleinen Eisenwarenladen in Kreuzberg kaufte ich eine Sichel, „ jetz’ brauch’n se bloß noch’n Hamma …“ meinte der freundliche Händler. Yanna Yo an der Kamera begann nun mit rasendem Zeigefinger die Einzelbilder zu schalten, wodurch die Bewegungen bizarrer wurden, während ich meine Verrenkungen mit den Werkzeugen vollführte. Beim Schnitt des Filmes ging ich schließlich mit Nadeln, Kreiden, Sandpapier und Abreibebuchstaben zu Werke. Dies alles war nun Handeln in seiner schönsten Form für mich. Bei unserem WG-Plattenspieler entfernte ich den Treibriemen und scratchte zuletzt das „Solidaritätslied“ von Ernst Busch mit viel Genuss an der Dekonstruktion. Im damals kleinen Kino Arsenal in der Welser Straße war ein Super8 Festival angekündigt. Der Kurator Michael Bock zeigte den Film spontan. Aus dem Publikum begegneten mir Lachsalven aber auch Anfeindungen – wegen Schändens der Heiligen Kuh. Kurz darauf nahm Michael Bock den Streifen mit in die halbe Welt und er lief mal eben neben Filmen von Beuys, Warhol und anderen Berühmtheiten.

© Walter Gramming, im Juli 2014