GRENZDURCHBRUCH ’89

von Mathias J. Blochwitz

Aus dem Süden kommend, wo ich Premiere mit einer Kabarett-Inszenierung hatte, war die Rückreise nach Berlin durch Barrikaden auf der Autobahn nur über die Landstraßen möglich. Das war die Grundsituation in der ersten Novemberwoche 1989. Angekommen in Berlin erlebte ich die Geschehnisse auf der Ostseite der Berliner Mauer. Ich wollte unbedingt etwas machen, aber eigentlich wusste ich nicht – was! Wichtig war für mich, ich wusste, was ich NICHT machen wollte – Mauerbilder, Mauerspechte etc. Diese Bilder waren logischerweise den TV-Leuten mit ihrer komplexen Operativität und Aktualität vorbehalten. An einem Abend traf ich zwei Soldaten der Grenztruppen der DDR – und ich fragte Sie, ob ihre Kalaschnikow geladen sei – „Ja“ – und, was sie denn hier so machen. „Eigentlich nischt – wir warten auf das Schichtende, auf den Feierabend“ –„ Was gibt es für Befehle?“ – „KEINE!“ Da wusste ich – das ist meine Geschichte! 19, 20 jährige Angehörige der Grenztruppen mit scharf geladenen Waffen – ohne Befehle – ohne eine Fürsorge durch die Vorgesetzten. Eigentlich hilflos! Wir waren dann immer ohne Sonder-Genehmigung, ohne irgendein Papier oder was auch immer – dicht bei den Soldaten. Sie haben uns geholfen, als Erste unter den 29 Jahre verschlossenen S-Bahnhof Potsdamer Platz zu kommen oder auch auf das Brandenburger Tor. Einmal wollte unser Kameramann auf der Mauer sitzen und drehen, aber es fehlte eine Leiter auf der Ostseite. Eine Stimme aus Neukölln auf der Westseite sagt: „Wir haben eine Leiter“ – und so sind diese Bilder zwischen Treptow und Neukölln entstanden. Nina Ruge, damals Moderatorin bei RIAS TV, die ich zufällig kennenlernte sorgte dann dafür, dass der Film seine Weltpremiere im „Westfernsehen“ erlebt hat. 2009 erhielt der Film auf dem Internationalen Dokumentarfilmfestival in Warschau einen Preis.