ICH BIN AUCH EIN BERLINER

DK 1990, R: Jon Bang Carlsen, K: Björn Blixt, 24′ 16mm

Jon Bang Carlsen sagt: „für mich sind Dokumentarfilme nicht „realer“ als Spielfilme und Spielfilme sind auch nicht „fantastischer“ als Dokumentarfilme. Es gibt keine „Realität“, die nicht – von einer anderen Seite betrachtet – auch als Traum gesehen werden kann. Um die Welt beschreiben zu können, muss man die Wahrheit in einer Weise definieren, die Lügen nicht ausschließt.“


Transkript (Ausschnitte)

Ich bin auch ein Berliner – Mauerspecht

Ich bin eigentlich wissenschaftlicher Mitarbeiter, aber verdiene auch genügend Geld bei uns. Aber ich habe kein Geld, welches als Devisen verwendet werden können. Und dieses Geld muss ich mir irgendwie, gerade in West-Berlin oder in der Bundesrepublik, verdienen. Und da bietet sich natürlich die Mauer an, da eine hohe Nachfrage ist von diesen Mauersteinen. Ich habe einen Bruder in Südafrika, in Kapstadt, und der hat mich eingeladen und nun brauche ich unbedingt Devisen und habe mir die Gedanken gemacht, hier mir Devisen über Mauersteine, als Mauerspecht zu verdienen. Und das ist auch möglich, ohne dass ich dort Gesetze verletze oder von der Polizei oder anderen hier belangt werden kann. Und das ist eine einmalige Gelegenheit. Mein Bruder schrieb mir beispielsweise, dass er auf mich wartet und dass er unbedingt von der Mauer einige Steine mitgebracht haben möchte. Er schrieb mir sogar, dass diese Steine mehr wert sind zur Zeit und eine große Nachfrage ist, mehr Wert als Gold.

Ich bin auch ein Berliner – Autonomer

Ich denke, wenn die Mauer fällt, ist das für Europa nicht gut. Für Deutschland ist es auch nicht gut, denn der Zustrom billiger Arbeitskräfte aus dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik wird weiter zunehmen. Mit der Folge, dass die Löhne bei uns sinken, was dazu führt, dass die Lebensbedingungen der werktätigen Menschen sich immer weiter verschlechtern werden. Ich sehe die Gefahr eines „Vierten Reiches“, wenn diese beiden Deutschlands vereinigt werden. Dann werden die Republikaner und verschiedene andere Faschisten, Reaktionäre, Ewiggestrige und Revanchisten eine gewisse Obermacht gewinnen. Was dazu führt, dass die Profite der Kapitalisten wieder noch besser gesichert werden, als wie es in den vergangenen Jahren der Fall war. Ich liebe diese Mauer nicht, aber diese Mauer ist notwendig.

Transkript: Nino Selmikeit