DEUTSCHLAND ENDSTATION OST

DDR 1964, R. Frans Buyens, K: Hans Eberhard Leupold, Ausschnitt 15′

„Die DDR, mit den Augen eines Ausländers gesehen“, so lautete der ursprüngliche Filmtitel des belgischen Filmemachers Frans Buyens der 1964 im Auftrag des DDR-Außenministeriums realisiert aber nicht freigegeben wurde. In einer eigenwilligen Mischung aus propagandistischen Darstellungen und frei gedrehten Befragungen von Straßenpassanten und Grenzsoldaten zum Mauerbau, von Arbeitern, mittelständischen Unternehmern und Studenten zur Lage in der DDR 1964 ist er ein einmaliges Dokument der Stimmungslage von Teilen der DDR-Bevölkerung in den frühen sechziger Jahren.


Transkript (Ausschnitt)

I: Die Abriegelung der Grenze zwischen West- und Ost-Berlin hat neue psychologische Probleme mit sich gebracht. Hier, im Herzen Europas, führte der Kalte Krieg zu Zwischenfällen die Opfer forderten. Auch die Soldaten die hier auf Wache stehen, habe ich gefragt, was sie über diese Lage denken:

M: Und das ist eine Staatsgrenze.
M: Und jeder Staat schützt seine Staatsgrenze.
M: An jeder Grenze wird geschossen, wenn (es) ein gewaltsamer Durchbruch ist.
I: Was geschieht, wenn einer versucht über die Mauer zu kommen?
M: Wir rufen ihn an: „Halt! Stehen bleiben!“
M: Bleibt er auf unseren Warnsch.. (…) Warnruf und Warnschuß nicht stehen, dann sind wir verpflichtet ihn auch mit der Schusswaffe in der Hand zum Stehen zu bringen.
M: Der Mann versucht ja, wir wollen mal sagen, den Gegner nicht zu erschiessen oder zu verletzen, man versucht ja den Gegner festzunehmen erstmal.
M: Aber beschäftigt sie dieses Problem (…) ?
M: Es wird über solche Fälle dann gesprochen, es wird ausgewertet (…)
M: (…) was man besser machen konnte, um vielleicht ohne der Anwendung der Schusswaffe den Grenzverletzer zum Halten zu bringen.
M: Denn wir legen keinen Wert darauf, Menschen zu erschiessen.
I: Sind Sie schon in solchen Umständen gewesen?
M: Nein. Wir sind noch nicht dazu gekommen.
M: Ich bin jetzt schon zwei Jahre hier an der Grenze, aber mir ist das noch nicht vorgekommen, so ein Fall, also wo ich schiessen muss.
M: Und ich hoffe auch, dass es so bleibt, dass es nicht sein muss.
I: Aber wenn es vorkommen sollte, sollte das kein Gewissens Problem für Sie sein?
M: Nein.
I: Sind Sie sicher?
M: Nein, auch nicht.
I: Bist du sicher?
M: Ja, denn wir stehen ja hier für alle friedliebenden Menschen auf Wacht.
M: Nicht bloß für uns Deutsche.
M: Es kommt vor die Frage.
M: Es gibt zwar noch Genossen dabei, also die passiv dagegen stehen, gegen das (…) gegen den also (…) gegen das Schießen.
M: Vielleicht fällt es manchen Soldaten etwas schwer, aber (…) in einer gewissen Hinsicht, ja, setzt er sich da dann doch darüber hinweg (…)
M: (…) und sie können das irgendwie nicht vereinbaren, wahrscheinlich mit ihrem Gewissen oder was (…)
I: Wenn Sie schießen sollen, würden Sie das tun auf Befehl, nur auf Befehl?
M: Ja.
M: Es geht nicht nur nach Befehl.
I: Wo drauf spricht Ihr?
M: Als Pflicht ist das nicht. Das hat auch mit Überzeugung was zu tun.
M: Denn wir sind alles Arbeiter- und Bauernsöhne und wir möchten unsere Errungenschaften, die wir jetzt geschaffen haben, möchten wir verteidigen.
M: Das müssen wir eben mit der Waffe in der Hand.
I: Die Lage in Berlin (…)

Transkript: Nino Selmikeit